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Auf dem heidnischen Weg begegnen uns verschiedene Lehrer. Einmal Lehrer aus Fleisch und Blut  (vielleicht der Hohepriester oder die Hohepriesterin unseres Covens). Dann gibt es die Inneren Mentoren, auf den Inneren Ebenen oder auf der Astralebene, manchmal handelt es sich dabei um unser Krafttier, ein Totemtier oder auch unser Höheres Selbst, es gibt auch immer noch die Weißen Logen der inneren Ebenen, welche von Blavatsky Meister genannt wurden und von manchen Traditionen die Herren des Lichts genannt werden.
Voraussetzung hierfür ist allerdings, ein bereits bestehender Kontakt zu den Inneren Ebenen, zumindest im Ansatz – was natürlich dem kompletten Anfänger wenig nützt. Eine gute Selbstkenntnis muss auch bereits vorhanden sein, damit man erkennt, welche Ratschläge vom eigenen Ego gefärbt werden. Lehrreiche Situationen und Begegnungen sind sicherlich auch „Lehrer“ in einem gewissen Sinn, und im Austausch wechseln die Lehrer-Schüler Funktionen gerne mal oder werden verwischt.
In diesem Artikel soll es aber rein um die Lehrer gehen, wie wir sie z.B. aus der Schule kennen.

Mentoren finden und wählen ist schwer. Am besten sucht man über Kontakte im Internet oder Stammtische. Wie man herausfindet wie gut ein Lehrer ist, ist eine Kunst für sich. Anfänger haben hier das Problem, dass sie einfach weniger Erfahrung und Wissen haben und so einfacher zu beeindrucken sind, manchmal auch begieriger schnell einen Mentor zu finden, vor lauter Freude ihr Wunsch könnte in Erfüllung gehen, blind vor eventuellen Warnhinweisen.


Der beste Schutz ist gesunder Menschenverstand und gute Vorbereitung. Bedeutet ganz einfach sich dort, wo die Interessen liegen so viel Literatur wie möglich anzueignen, von verschiedenen Autoren, wie auch über den Tellerrand schauen, so dass man erst einmal anfangen kann innerhalb der Literatur gute und besser von schlechten zu unterscheiden. Wer gute Vorkenntnisse hat, kann auch nicht so schnell über’ s Ohr gehauen werden. Es gibt Leute, die aus Büchern sehr viel und sehr gut lernen können und dies auch rein intuitiv gut in die Praxis umsetzen können. Andererseits gibt Menschen, die ein wahnsinniges Theoretisches Wissen haben und in der Praxis miserabel sind – Ohrensessel Magier/Hexen/Schamanen halt. Wenn diese dann aber die Praxis nicht wirklich erlebt haben, werden die Rituale meist zu schlechten Schauspielstücken, weil ihnen die Erfahrung des Erlebnisses fehlt.

Je größer unsere Gemeinschaft wird, desto mehr Leute beginnen die Lehrerfunktion zu übernehmen. Das ist wichtig, denn es ist immer noch so, dass nicht jeder der einen Mentor haben möchte, auch einen guten findet.
Warum jemand sich zum Lehrer berufen fühlt hat mehrere Gründe, zu den unschönen gehören, dass sie damit Geld machen wollen, oder weil sie ihr Ego als Chef’s einer Hexenschule aufpolieren wollen. Wie wir mit unqualifizierten Lehrern in unserer Gemeinschaft umgehen, was einen qualifizierten Lehrer überhaupt auszeichnet, sind alles Fragen, die in der heidnischen Gemeinschaft und auch in der Wicca Gemeinschaft noch geklärt werden müssen. Es kann uns vielleicht beruhigen, das auch in den USA, wo Wicca anerkannte Religion ist und stärker institutionalisiert diese Fragen auch noch nicht befriedigend beantwortet wurden, denn sie tragen in sich die Gefahr: „Meine Wahrheit/Weg/Tradition ist das richtige“ (kommt euch das auch so bekannt vor wie mir?).
Ein weiterer zu beachtender Punkt ist Lehrer sind auch nur Menschen, Menschen existieren in Wechselbeziehungen zu anderen Menschen. Nicht immer liegt das Bedürfnis nach Anerkennung und im Mittelpunkt stehen, manchmal auch der Hauch einer Narzistischen Persönlichkeit so an der Oberfläche, dass sie gleich erkannt wird. Doch auch von diesen Mentoren kann man lernen, und eine wichtige Lektion ist es auch zu wissen, wann man gehen muss – manchmal ist dies sogar ein Test. Für welchen Weg entscheide ich mich? Demjenigen, wo ich schnell zur Hohenpriesterin werde, oder demjenigen, wo ich vielleicht 3 Jahre hart arbeiten muss, dafür aber weiß, dass ich Qualität lerne?

Dem Grundsatz, lieber ein Leben lang einen guten Lehrer zu suchen als einen Tag bei einem schlechten zu lernen hat sicherlich seine Berechtigung, allerdings hilft er dem Suchenden bei der Unterscheidung nicht viel weiter. Wobei wenn ich ehrlich bin, gerade die schlechten Lehrer mir sehr viel gezeigt haben, was ich nicht will.
Es gibt allerdings ein paar Punkte, wo ein Suchender sich durchangeln kann, die ich hier im Anschluss nennen möchte. Diese Liste ist bei weitem nicht komplett und jeder sollte sie auf ihre Funktionalität für sich persönlich überprüfen!

Die Funktionen des Mentors sind vielfältig und nicht jeder sieht seine Aufgabe auf die gleiche Art und Weise. So gibt es Lehrer, die für ihre Schüler die volle Verantwortung übernehmen, was ganz einfach bedeutet, wenn der Schüler energetischen Mist baut (z.B. ein Schadenszauber) so kriegt der Mentor einen Teil davon ebenfalls ab. Einige mögen diese Auffassung aufgrund der Selbstverantwortung nicht sehr gerne, andererseits hindert dies den Schüler vielleicht auch eher und bewegt den Lehrer dazu sich seine Schüler sehr gut auszusuchen. Die Funktion des Mentors kann am besten mit der einer Laterne verglichen werden. Er leuchtet den Weg durch den Wald, weil er den Weg bereits kennt, aber es gibt auch andere Wege und dass er ein wenig Licht ins Dunkle bringt, bedeutet nicht, dass er auf jeden Stolperstein hinweist. Lernen durch Erfahrung und aus Fehlern. Für einen Schüler ist es erst einmal wichtig zu wissen, was er oder sie sucht. Diese Frage muss man sich immer wieder stellen, denn mit größerer Kenntnis und Veränderung kann sich die Antwort auch ändern. Nicht jede/r wird seinen/ihren TraumlehrerIn finden und dann heißt es schauen, welche Punkte besonders wichtig sind und auf welche Verzichtet werden kann. Seid euch auch immer des Preises bewusst, den ihr für eure Ausbildung zahlen müsst, oder sollt (und damit meine ich nicht unbedingt Geld). Dir sollte auch bewusst sein, dass ein gesundes Maß an Härte und Weichheit vorhanden sein sollte. Der Vorteil eines Lehrers ist, dass der Schüler sich viele Umwege erspart. Buchtipps werden gegeben, Übungen und Aufgaben und Feedback, zeigen wo am besten weitergearbeitet werden kann. In einer Gruppe verstärkt die Gruppenenergie die Entwicklung, so kann in einer Gruppe manchmal viel schneller Entwicklung stattfinden als in der Allein-Arbeit und schneller als im Selbststudium. Das Guru-Tum, wo dem großem Meister blinder gehorsam versprochen wird, ist heute stark verpönt und sollte jeden zum Kehrt machen zwingen. Es gibt aber auch subtilere Mittel der Manipulation. Der gesunde Menschenverstand sollte niemals abgeschaltet werden und die Ratschläge eines Mentors immer wieder auf ihre Funktion geprüft werden. Überhaupt kann man einen Lehrer nur aufgrund seiner Leistung beurteilen und wie die eigenen Ideale und Prinzipien gelebt werden. Leider halten auch gute Mentoren diese Prinzipien nicht immer ein. Ich erinnere mich daran, wie stark enttäuscht ich von einem Lehrer einst diesbezüglich war und erst als ich erkannte, dass auch andere Mentoren von mir Fehler hatten, und sie nur Menschen waren, konnte ich dies Verzeihen und wuchs an der Erfahrung. Lehrer machen Fehler. Besonders interessant ist es herauszufinden, wie diese damit umgehen.. Vollkommenes Vertrauen ist auch genaues Vertrauen und wissen, wie viel man vertrauen kann. Oder frei nach Starhawk: "Vertraue einem Tiger, dass er sich wie ein Tiger benimmt."

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Hier noch einige Anregungen und Punkte, über die sich ein potentieller Schüler Gedanken machen sollte:

kommst du als Schüler mit diesem Mentor auf deinem spirituellen Weg weiter? Nicht alle Ziele werden gleich erreicht, gelegentlich wird sich evt. Frust einstellen, aber du solltest tendenziell das Gefühl haben, dass sich etwas zum positiven verändert.
Wie entwickelt sich dein Lehrer weiter? Gute Mentoren erkennst du auch daran, dass sie selbst auch immer am weiterlernen sind und sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen.

 

Wie ist die Lebensanschauung des Lehrers, kannst du sie akzeptieren, damit umgehen? Wird sie auch gelebt oder wird nur darüber erzählt?
Denk daran, dass auch dein Mentor ein Mensch ist und Fehler hat und nicht immer seinen/ihren Prinzipien treu sein wird und kann. Wie geht dein Lehrer mit eigenen Fehlern um? Gute Mentoren lehren in dem sie uns als Beispiel voran gehen und ihren Prinzipien treu bleiben.

 

Wenn möglich schau dir die Umgebung deines Lehrers an. Kommt er/sie mit seinem/ihren Leben zurecht? Hat er/sie eine Ausbildung oder einen Beruf? Es gibt gute Mentoren, die sich ab einem bestimmten Punkt nur noch um Ausbildung und Spiritualität kümmern, allerdings zeichnen sich alle darin aus, dass sie einen Beruf erlernt haben und diesen auch mehrere Jahre lang ausgeübt haben.
Wenn sich dein Lehrer mit Freunden und bekannten umgibt, die dir suspekt vorkommen und du misstraust, solltest du ebenfalls vorsichtig sein.



Du solltest dem Mentor ein genügendes Maß an Respekt entgegenbringen, genauso solltest aber auch du respektiert werden. Ein guter Lehrer wird keine „Meine Wahrheit ist die richtige“-Attitude an den Tag legen und meist auch für andere Menschen, Glaubenssysteme, Religionen und Meinungen die seiner Widersprechen einen Mindestanteil an Respekt zeigen. Achte auch darauf, welche Sprache verwendet wird und ob gewisse Leute der Ausbildungsgruppe immer wieder beleidigt oder vor anderen lächerlich gemacht werden. In diesem Fall kannst du versuchen darauf aufmerksam zu machen und wenn das nichts bringt solltest du gehen.



Sicherlich solltest du einem Lehrer den nötigen Respekt bringen und auf die üblichen Höflichkeiten wie pünktliches Erscheinen, Absagen etc. achten. Dein Mentor wird vielleicht auch mal Hausaufgaben von dir verlangen oder Ähnliches. Doch wenn dein Lehrer absoluten Gehorsam von dir verlangt, such dir einen anderen.

 

 

Ein guter Mentor kann seine Meinungen und Lehren schlüssig und logisch Beweisen und wird nicht ein blindes Gehorsam und Glauben von dir erwarten, sondern wird dich meist sogar auffordern ihn in Frage zu stellen.
Manchmal ist es aber notwendig, dass du erst das „Althergebracht“ lernst, bevor du deine eigenen Variationen erfinden kannst. Mit meinem Lieblingssatz ausgedrückt: Lern erst die Regeln, dann kannst du sie brechen. Wenn du erst ein Gefühl hast wie eine gute Anrufung funktioniert, kannst du anfangen deinen eigenen Anrufungsstil zu entwickeln.

 

Gibt es überzogene Geldforderungen? Ist der Coven dazu da, die Workshops deines Lehrers zu finanzieren? Wie geht dein Mentor allgemein mit Geld um? Ist er/sie immer Pleite, werden die Covenmitglieder oft um Geld gebeten?
Für die Vorbereitung, Zeit und Material ist ein angemessener Betrag durchaus legitim, doch überhöhte Geldforderungen solltest du als Warnzeichen betrachten.



Legt dein Lehrer seine Quellen offen dar, sagt er wer seine Lehrer sind? Hast du auch die Möglichkeit diese kennen zu lernen? Ein Lehrer kann dir viel erzählen von seiner Initiation (nur leider kann er/sie wegen Geheimhaltung den Namen nicht nennen) oder dass er/sie von einer berühmten Persönlichkeit initiiert wurde (in der Annahme du traust dich sowieso nicht diese Person zu fragen). Ein guter Lehrer wird dir auch gerne sagen, aus welchen Büchern er/sie welche Informationen hat, so dass du sie auch nachprüfen kannst.
Kleine Anekdote am Rande: Ein Vortragender Wicca-HP dessen Namen ich jetzt nicht nennen möchte, begann seinen Vortrag damit, er sei von Janet Farrar initiiert worden, die von Alex Sanders initiiert wurde etc…. Als ich einen Workshop bei Janet machte, kamen wir zu Tisch über Initiationen und Linie zu sprechen und ich erwähnte diesen HP, worauf ich erfuhr, dass Janet lediglich seine Selbstinitiation anerkannt hatte und sie ihn aus ihrem Cottage rausschmeißen mussten und er Hausverbot erhielt. 

Wurde abgesprochen wie die Lehrer-Schüler-Beziehung ist, worauf sie basiert, wie lange sie andauern wird etc.?
Es ist wichtig, dass beide Seiten diesen „Vertrag“ beenden können, allerdings sollte die andere Seite über die Gründe informiert werden.


Wenn Probleme auftauchen, überprüfe in wie weit du deinem Lehrer erklärt hast, wo genau deine Probleme liegen. Es kann auch sein, dass ihr auf eure Kommunikation achten müsst. Achte darauf, wie er/sie auf dich eingeht. Wirst du ernst genommen oder wird dein Problem ignoriert? In der Gruppe solltest du Probleme gleich ansprechen und nicht warten, bis du „Geladen“ bist.



Dein Mentor sollte auf jeden Fall Wahrhaftigkeit besitzen. Sicherlich wirst du immer wieder auf Leute finden, die Antworten auf Fragen die sie nicht wissen hinter einer Geheimhaltung oder hinter der Anweisung, der Schüler sollte selbst darüber nachdenken verbergen. Selbst auf die Idee kommen ist an sich gut, aber kommt das zu oft vor, wären einige Zweifel angebracht.



Während jeder Mensch ein anderes Maß an Disziplin für sinnvoll hält, sollte das komplette Fehlen davon in einer Unterrichtssituation dich stutzig machen. Achte aber auch immer darauf, dass du selbst ebenso ein Mindestmaß an Disziplin mitbringst, so dass du dich ebenso auf deinen Mentor verlassen kannst, wie er sich auf dich. Eine Mischung aus Festigkeit und Flexibilität ist immer gut.



Veränderung wird sich bei einem guten Lehrer früher oder später einstellen. Dein Leben verläuft auch nicht immer in gleichen Bahnen und gerade weil du lernen wolltest und dich verändern wolltest, hast du einen Mentor gesucht. Aber Veränderung ist nicht immer schrittweise in kleinen verdaubaren Happen, sondern manchmal eine Achterbahn. Allerdings wird dich ein guter Lehrer auch auffangen können, doch erwarte nicht immer mitleid, auffangen kann manchmal auch als hart empfunden werden.



Ein guter Lehrer zeichnet sich oft dadurch aus, dass er dir gut zuhören kann. Das bedeutet nicht immer, dass er zu jeder Tages und Nachtzeit für jedes kleine Problem zur Verfügung steht, aber du weißt, du kannst mit deinen Problemen zu ihm, auch wenn sie nicht technischer Art sind. Wenn dein Mentor deine Zweifel in den Wind schlägt und nicht auf dich eingeht, solltest du dir besser einen anderen suchen. Schüler gehen manchmal durch spirituelle Krisen, in dieser Situation solltest du dich auf deinen Lehrer verlassen können – was aber nicht heißt er/sie wird immer mitleid mit dir haben. Es kann aber auch sein, dass ein Mentor bemerkt, dass diese Aufgabe ihn/sie überfordert, weil die Probleme des Schülers in einem Bereich liegen, der evt. Psychologische Unterstützung braucht. Hier sollte ein guter Lehrer dies vermitteln können und wissen wo seine/ihre Grenzen sind.

Vielleicht hast du zuerst das Gefühl, dass du von diesem Lehrer alles gelernt hast, vielleicht teilt dir dein Mentor mit, dass es Zeit ist, dich nach einem anderen Lehrer umzusuchen, oder dich stärker auf deinen persönlichen Weg zu konzentrieren. Abschiede sind nicht immer leicht, manchmal geschehen sie auch mit viel Reibung, wie ein Teenager, der sich von den Eltern loslöst. Ein guter Mentor erwartet dass seine Schüler wachsen und eines Tages flügge werden – vielleicht überflügeln sie ihren Lehrer sogar in einigen Gebieten. Ein guter Mentor fühlt sich davon nicht bedroht.
Andererseits, solltest du einen Lehrer verlassen, der dich über einen längeren Zeitraum hinweg mit Initiation ködert oder ohne gute Erklärung vertröstet nur um dich länger zu halten, während du dich schon seit Monaten bereit fühlst.

Es kann sein, dass ein Lehrer dich ablehnt, weil er/sie es nicht verantworten kann, keine Zeit hat, ihr einfach nicht zusammen passt, die Chemie zwischen dir und den anderen Mitgliedern des Covens nicht stimmt. Auch wenn es an deiner Persönlichkeit liegt, wird ein guter Mentor dir das ohne Beleidigung sagen können, so dass du die Chance hast etwas zu verbessern. Such weiter, ein Lehrer ist immer auch eine persönliche Entscheidung und es gibt da draußen Mentoren, deren Chemie mit deiner Übereinstimmt.

Artikel erschienen in der Lughnasadh Ausgabe 2004 der Hex & Co

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