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Die heidnische Landschaft ist ein Mosaik aus verschiedensten Kulturen, die man ihr zuordnen kann. Viele Völker haben vor der Christianisierung die Natur und eine Vielzahl von Göttern verehrt. Je nach heidnischem Pfad, dem man folgt, vertieft man sich in nur eine Kultur, oder pickt sich hier und da etwas passendes heraus. Im ADF empfehlen wir die Vertiefung in eine Kultur. Hier eine nähere Betrachtung dazu:

Bereits zu Beginn des ADF (Ár nDraíocht Féin = Unser Druidentum) in den 80er Jahren legte unser Gründer Isaac Bonewits den Fokus auf die indo-europäischen Kulturen. Zu den indoeuropäischen Kulturen gehören griechisch, römisch, slawisch, vedisch, baltisch, keltisch und germanisch. Sie sollten die Grundlage bilden für unser Druidentum, den Versuch, eine moderne heidnische Glaubenspraxis auf Grundlage alter Quellen und ärchäologischer Funde zu erschaffen.

Im ADF wird jeder ermutigt, sich auf eine Herzenskultur (hearth culture) festzulegen. Aber warum? Nun dies hat mehrere Gründe:

  1. Konzentriert man sich auf eine Kultur, hat man mehr Zeit (und sind wir mal ehrlich: auch Geld ;) ) um sich in die Mythen dieser Kultur zu vertiefen. Man stellt fest, dass es verschiedene Übersetzungen desgleichen Mythos gibt, liest zahlreiche Versionen davon, verinnerlicht die Handlung und die darunter liegenden Bedeutungen. So wird man sicher, diese im Ritual umzusetzen (z.B. die Quelle von Uisnech als Zentrum Irlands im Ritual als Quelle zu verwenden). Die Mythen werden zur inneren Bilderlandschaft.

  2. Man lernt die Götter und Göttinnen der entsprechenden Kultur besser kennen, indem man sich Zeit lässt, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Es geht nicht darum für jedes Problem die passende Gottheit an der Hand zu haben (wie eine Art Gelbe Seiten für spirituelle Probleme), sondern eine tiefere Beziehung zu einigen wenigen zu erschaffen und zu pflegen.

  3. Man entdeckt die noch heute vorhandene Kultur des Landes, seine Musik, seine Tänze, seine Sprache. Dadurch wird man sicherer in der Verwendung dieser im Ritual. Man kann diese als persönliche Opfergabe verwenden, indem man z.B. kulturspezifische Tänze erlernt und zu Ehren der Götter im Ritual tanzt. Auch kann man die Sprache der Herzenskultur lernen, um so immer mehr auch in der Sprache der Götter sprechen zu können. Jeder findet hier das Gebiet, das ihm liegt. Der eine tanzt gern, der zweite spielt ein Instrument, der dritte kocht gut. Man muss nicht alles umsetzen, aber ein, zwei kulturspezifische Besonderheiten peppen ein Ritual ungemein auf.

  4. Mit der Zeit versteht man immer mehr auch die Sichtweise auf die Welt durch die Augen der Kultur. Man lernt, wie Ahnen gesehen und behandelt wurden, welche Naturgeister sich in der Welt zeigen, wie man mit diesen umgehen sollte, welche Zeichen in der Natur gut und welche schlecht sind.

Schritt für Schritt tritt man so aus der konsumgeprägten hastigen Welt aus und entwickelt eine heidnische Sichtweise auf das Leben, das doch immer noch modern geprägt ist. Es geht hier nicht darum, das moderne Leben hinter sich zu lassen, nur noch Paleo zu essen und alle Technik zu verschrotten. Viel mehr streben wir nach einem Gleichgewicht, einer Verwurzelung in der Landschaft unserer Ahnen und der Götter, aus der heraus wir stabil in der modernen Welt agieren können.

Nun, wie findet man die Herzenskultur für sich? Oft hat man schon die ein oder andere Vorliebe. Vielleicht mag man irische Musik, oder einem gefallen die griechischen Mythen. Hier sollte man in die Tiefe gehen und sich mehr Material besorgen.

Hat man so gar keinen Anhaltspunkt, kann man die Ursprungskultur der eigenen Ahnen zuerst erforschen. Für die meisten im deutschsprachigen Raum wird das die germanische Kultur sein, auch wenn es keltische und slawische Gebiete in Deutschland, Österreich und Schweiz gab.

Eines sei gesagt: es ist nicht notwendig, keltischer Abstammung zu sein, um einem keltischen Pfad zu folgen. Dies gilt aus Sicht des ADF auch für alle anderen Kulturen. Gene sagen nichts über unser Herz und unseren ureigenen Pfad zu den Göttern. Nötig, um eine Kultur als Herzenskultur zu erwählen sind einfach nur Ernsthaftigkeit und Respekt gegenüber der Kultur.

Eine weitere Variante, um die Herzenskultur für sich zu finden, ist ein erstes Studium einiger Mythen aus der indoeuropäischen Welt. In der Bibliothek eures Vertrauens findet ihr sicher einige Mythologiebücher. Stöbert in ihnen und wenn euch der ein oder andere Mythos gefällt, forscht nach weiteren Geschichten aus dieser Kultur.

Wie war es nun bei mir? Einige Jahre war ich eklektisch unterwegs und verehrte ein diffuses Bild der Göttin ohne ihr einen Namen geben zu können. Vor sechs Jahren war ich dann das erste Mal in Schottland, und was soll ich sagen, es war wie ein Nachhause kommen. Das Land unter meinen Füßen sprach zu mir. Wieder zu Hause durchwühlte ich das Internet nach heidnischen Kulturen in Schottland und stieß irgendwann auf Brigid. Sie schien mich all die Jahre schon begleitet zu haben, ohne dass ich es benennen konnte. Von da aus begann ich Buch um Buch zu lesen, über schottisches Brauchtum, schottische Jahreskreisfeste, Kräuterkunde und die gälische Sprache. Ich begann Scottish Country Dance und Higland Dance zu lernen, lernte mehr über die Bòdhran (die ich schon vorher besaß) und wie sie traditionell gespielt wird. Gälische Lieder bereicherten meine Praxis am Altar und mein Ritualgewand wurde mit Tartan ergänzt. Viele kleine Puzzleteile ergeben das ganze Bild und dieses wächst Stück für Stück.

Immer wieder macht man auch Abstecher in andere Kulturen, für mich waren das immer wieder mal Ausflüge ins germanische. Nicht spricht dagegen, einzelne Verbindungen auch mit anderen Göttern aufrecht zu erhalten, so habe auch ich einen kleinen Schrein für Holle. Meine Ahnen haben sie verehrt und sie hat es deutlich gemacht, dass auch ich sie verehren soll.

Die Reise zur eigenen Herzenskultur ist eine äußerst interessante, ein kleines Abenteuer in die Welt der Indoeuropäer. Wann machst du den ersten Schritt?

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